„Maske auf!“ – Wie ist das Reisen derzeit in Kolumbien?

Kann man im Moment nach Südamerika reisen? Und wenn ja: Wie ist es dann im Land und auf was muss man achten? Diese Fragen stellen sich wohl einige, die es derzeit nach Südamerika zieht.

Reisen: ja oder nein?

Wir standen in diesem Sommer vor der gleichen Situation: Auf Familienbesuch nach Kolumbien sollte es gehen, aber Corona und die landesweiten Unruhen stellten ein doppeltes Risiko dar. Aufmerksam beobachteten wir die politischen und gesundheitlichen Entwicklungen im Land und strichen die Reiseziele auf wenige Destinationen im ruhigeren Norden von Kolumbien zusammen. Vollständig geimpft wagten wir Anfang Juli schliesslich den Flug über den Teich. Dieser Artikel soll denjenigen Hilfestellung bieten, die ebenfalls am Abwägen sind, ob sie reisen sollen. Der Artikel basiert auf unseren persönlichen Erlebnissen in der Zeit zwischen Juli und August 2021. Vielleicht haben bestimmte Regelungen schon wieder geändert, das muss jede/r bitte selbst nachprüfen.

Ruhige Strände und viel Platz

Einiges spricht für eine Reise nach Kolumbien: Die Flüge sind günstig und viele Einrichtungen und Dienstleistungen für Touristen wie Restaurants, Hotels und Sehenswürdigkeiten sind wieder geöffnet. Die Einheimischen sind ebenfalls sehr froh, läuft der Wirtschaftssektor Tourismus wieder an. Wer zudem Massentourismus vermeiden will, kommt jetzt besonders auf die Kosten. Sogar touristische Hochburgen wie das Zentrum von Cartagena sind noch einiges ruhiger als vor der Pandemie. Im Moment sind es vor allem Kolumbianerinnen und Kolumbianer, die innerhalb des Landes Ferien machen. Der internationale Tourismus ist noch wenig spürbar.

Krokodil am Fluss

Der Malecón in Barranquilla: Eine neue Ausgehmeile am Ufer des Río Magdalena

Maske auf!

Es gibt aber auch Einschränkungen: Maskentragen im öffentlichen Raum ist beispielsweise Pflicht. Und zwar immer und überall, auch draussen bei 30 Grad im Schatten. Weitere Schutzbestimmungen wegen Corona sind einzuhalten: So muss vielerorts zum Beispiel in den Hotels der Schwimmbadbesuch vorreserviert werden. Etwas skurrile Auswüchse der Schutzbestimmungen erlebten wir am Strand des Rodadero in Santa Marta: Pünktlich um 17.30 Uhr schritt die Polizei täglich den Strand von Norden nach Süden ab, um die Leute nach Hause zu schicken. Wer den Strand also nicht während der Bruthitze zur Mittagszeit geniessen wollte, musste frühmorgens antraben: von 5 bis 7 Uhr morgens war der Strandbesuch erlaubt. Um 7 Uhr rollte aber auch da die Polizei an, um den Strand wieder zu schliessen bis 9 Uhr. Der Nutzen der Massnahme blieb mir unklar… aber ich habe gehört, die Regelung wurde im August (zum Glück) wieder abgeschafft.

17.40 Uhr: Der Strand wird von der Polizei geräumt

Coronabestimmungen genau lesen

Bei der Vorbereitung der Flugreise müssen zudem die aktuellen Bestimmungen wegen Corona recherchiert werden. Diese hängen von der gewählten Flugstrecke ab. Kolumbien selbst verlangte für unsere Reise weder eine Impfung noch einen PCR-Test, nur den Eintrag in der kolumbianischen Migrationsapp. Die Rückreise nach Europa aus dem Hochrisikoland war dann etwas komplizierter, viele Formulare mussten ausgefüllt werden. Schlussendlich klappten die Flugreisen aber reibungslos.

Menschen warten in Einkaufszentrum

In Kolumbien gehen die Covid-Impfungen voran: Hier warten Impfwillige in einem Einkaufszentrum

Blockierte Strassen

Was ist mit den sozialen Unruhen? Kolumbien leidet ja derzeit nicht nur unter der Pandemie, sondern hat auch noch hausgemachte sozialpolitische Probleme zu bekämpfen. Wir haben diese nur einmal direkt mitbekommen, als wir mit dem Bus von Barranquilla nach Cartagena reisen wollten und die Strecke von Demonstranten blockiert war. Wer in die Hotspots reist wie Bogota oder Cali, sollte dem Thema aber etwas mehr Aufmerksamkeit schenken.

Reisen: jein

Was ist also mein Fazit: Ist Reisen gut möglich? Meine Antwort dazu ist, eigentlich schon. Die Einschränkung bezieht sich vor allem auf die Atmosphäre, den Groove, den ich derzeit im Land wahrnehme. Es schmerzt zu sehen, dass das Land in den letzten zwei Jahren kaum vorangekommen ist: Die Löcher in den Strassen werden nicht geflickt, vieles verlottert, weil das Geld fehlt. Die Anzahl Bettlerinnen und Bettler auf den Strassen hat definitiv zugenommen. Die Problematik der Venezolanerinnen und Venezolaner, die bereits vor der Pandemie zu Hundertausenden nach Kolumbien geflüchtet sind, wurde ebenfalls nicht gelöst.

Ich habe zudem nie zuvor so viele lautstarke und teilweise auch handgreifliche Streitigkeiten miterlebt: In Santa Marta am Strand gingen frühmorgens zwei Kontrahenten mit Eisenstangen der Strandzelte aufeinander los. Die Nachbarsfamilie im Apartmentblock in Cartagena stritt zudem so heftig, dass der Sicherheitsdienst anrücken musste. Es scheint mir, als brodle etwas im Land, als ob die ganzen Probleme den Kolumbianerinnen und Kolumbianern doch sehr zugesetzt haben…

 

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